… Eine Gesellschaft zwischen Stillstand und Leidenschaft.
von Stephan Grünewald
kann die Begeisterung rund ums Buch überhaupt nicht teilen

Ein vielversprechender Titel mit aktuellen Erkenntnissen zur Lage Deutschlands und dann so was! Mit 20.000 Tiefeninterviews wirbt Grünewald für sein Buch und natürlich auch für sein ´rheingold institut´. Wann und wie diese Interviews durchgeführt wurden bleibt weitgehend unklar. Erst im Literaturverzeichnis merkt man, dass diese Interviews aus vielen verschiedenen Studien des ´rheingold instituts´ bestehen, von denen einige schon viele Jahre zurückliegen.

Buch und Autor müssen sich einfach die Kritik gefallen lassen, dass hier ziemliche Augenwischerei betrieben wurde und die erhoffte Datenbasis überhaupt gar nicht zum Tragen kommt. Im laufenden Text wird immer nur ganz allgemein auf die Interviews verwiesen – der gutgläubige Leser wird sich damit schon abspeisen lassen. Auch sonst gibt’s kaum konkrete Verweise auf die weiteren Quellen.

Durchgehend nervig empfand ich die undifferenzierten Aussagen, wenn Grünewald feststellt ´DIE Deutschen sind so und so …´ oder ´DIE Frauen …´ – also 20.000 Interviews auf ein einziges Fazit reduziert – und danach seine Sicht der Welt als Forschungs- oder Umfrageergebnis unterjubelt. Wer so viele Interviews als Basis hat und denken kann, hat doch solche Pauschalbewertungen nicht nötig.

Unterhaltsam ist das Buch zwar, teilweise mit interessanten Perspektiven auf aktuelles Zeitgeschehen (ebay-Auktionen, verschiedene Filme, Werbekampagnen) – man findet sich als Leser also oft wieder im Buch. Die psychologischen Deutungen des Autors sollte er jedoch auch als seine Meinung darstellen und nicht als vermeintliche Fakten verkaufen. Bei der durchwegs eingängigen Schreibe nickt man als Leser sonst allzu leicht alles ab und schluckts als Wahrheit. Kritikwürdiges Buch mit guten Ansätzen und hohem Werbungsfaktor für das ´rheingold institut´.