… ohne den Verstand zu verlieren oder Anleitung zum subversiven Denken.
von Hubert Schleichert
etwas lösungsmittelarme Diskussionstipps zum Fundamentalismus

Wer keine Ahnung hat, der hat auch keine Meinung! Und Toleranz ist irgendwo ja auch nur der Beginn der schleichenden Unterschiedslosigkeit und des nahenden Verlusts eigener Prinzipien mangels Abgrenzung, nicht wahr? Also scheint es doch wichtig und richtig, als Besitzer auch Verfechter der einzigen und alles umfassenden Wahrheit zu sein und sich nicht erst im Falle eines wie auch immer gearteten Angriffs zu verteidigen. Präventiv-Schläge gegen böse Achsen, ohne Beweise, auf Schuldverdacht hin — willkommen im Fundamentalismus unserer Zeit und seinen Diskussionen … um nur mal ein Beispiel ohne Bart zu geben. Fakt ist, Fundamentalisten finden sich nicht nur in fernen Ländern, Kulturen und Religionen, sondern sind allgegenwärtig – nur weiß manch einer nicht von sich.

Schleichert bedient mit seinem Buch und dem reißerischen Titel ganz sicher eine brandaktuelle Nachfrage und könnte sich davor wohl kaum noch retten, würde er halten was er gleich zu Beginn andeutet. Wirkliche Auswege und Lösungen gibt’s allerdings meiner Meinung nach auch in diesem Buch nicht für das Problem, weil es tiefer liegt. Was Schleichert allerdings bietet, sind eine Fülle von Argumentationsmöglichkeiten, Zitate und jede Menge Beispiele berühmter Sprecher und Strategen. So erfährt man als Leser einiges über die Logik von Ideologien und Fanatismus – von innen heraus als Wahrheit bekannt – und bekommt einige Tipp zur Gegenwehr.

Die heilige Kuh bei fundamentalistischen Diskussionen ist und bleibt jedoch die jeweilige ´Basis´ mit grundlegenden Prinzipien und Anschauungen, die nicht angetastet und in Frage gestellt werden, weil diese eben unumstößlich wahr sind bzw. dafür gehalten werden. Fraglich also bleibt, inwiefern es sich überhaupt lohnt, sich auf Diskussionen abseits dieser Grundlage einzulassen. Schadensbegrenzung bzw. ein tolerantes Unentschieden scheinen die höchstens erreichbaren Ziele zu sein.

Insbesondere sehr religiöse Leser werden durch manche Beispiele wahrscheinlich auf ihre eigenen Fundamente aufmerksam und könnten sich hin und wieder auf die Füße getreten fühlen. Dennoch insgesamt ein durchaus lesenswertes Buch, wenn auch über weite Strecken sehr theoretisch und ´trocken´ trotz zahlreicher Zitate und vielen Diskussionsbeispielen. 4 Sterne.

Die Kapitel im Überblick:
Einleitung ** Elemente des Argumentierens ** Fallgruben ** Ideologie, Fanatismus und Argumentation ** Die Abwehr des Fanatismus ** Interne Kritik ** Subversives Argumentieren ** Den Gegner ernst nehmen ** Subversives Lachen ** Epilog