… Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung in Hypnose.
von Milton H. Erickson, Ernest L. Rossi
für Erickson-Fans empfehlenswert

Lange auf der Leseliste, endlich durch und leider etwas enttäuscht davon, kann ich den ´Februarmann´ nur wirklich sehr interessierten Lesern empfehlen. Nicht dass sich dieses Buch nicht lohnen würde, nein, ganz im Gegenteil bietet es Wissenswertes im Detail. Der Untertitel ´Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung in Hypnose´ deutet schon an, dass hier auf sehr hohem Niveau in den Tiefen des Klienten gearbeitet wird.

Inhaltlich anspruchsvoll ist dieses Buch ganz sicherlich. Ohne Vorkenntnisse in Hypnose oder besser in Ericksons Hypnosestil erschließt sich wahrscheinlich nur ein Bruchteil der dahinterstehenden Raffinessen und Wortspielereien von Erickson. Und selbst mit Vorwissen wird manches erst durch die Kommentare nachvollziehbar.

´Der Februarmann´ hat seinen Titel daher, weil Milton Erickson seiner Klienten während einer Altersregression eben wiederholt im Februar verschiedener Lebensjahre erschienen ist. Das Buch dokumentiert mehrere Sitzungen mit dieser Klientin (´Miss S´ oder ´Jane´), die 1945 auf Tonband protokolliert wurden und erst 1979, also kurz vor Ericksons Tod, im Gespräch mit Ernest L. Rossi nachträglich kommentiert wurden. Gelegentlich kommen auch weitere bei den Sitzungen bzw. Kommentierungen anwesende Therapeuten im Buch zu Wort.

Zwei Punkte sind es dann auch, die mich an dem Buch etwas stören. Zum einen liest es sich bei weitem nicht so flüssig wie andere Ericksonbücher. Kaum ist eine Seite mit Sitzungsdialog vorbei, folgen schon wieder die Diskussionen und Erklärungen. Allerdings sind die unzähligen Minikapitel (=Transkript + Diskussion) dabei vorbildlich durch Überschriften gefasst, die jeweils schon die Kernaussage beinhalten und den Leser gedanklich einstimmen. Ebenso sinnvoll sind auch die deutlich hervorgehobenen entscheidenden Sätze und eingestreuten Schlüsselwörter, die anschließend diskutiert werden. Ein etwas müßiges, wenn auch informatives Lesevergnügen also.

Andererseits ist durch die lange Zeit zwischen Therapiesitzungen und Kommentierungen auch fraglich, inwiefern manche Erklärungen des therapeutischen Vorgehens im Nachhinein nicht einer schönfärbenden Deutung unterliegen. Das fragt Rossi ganz offen und auch Erickson schließt dies an manchen Stellen nicht aus. Gelegentlich scheint Ericksons therapeutische Kreativität während der Sitzung erst im Rückblick wirklich erklärbar zu sein und damals hin und wieder auf Intuition basiert zu haben. Für die Diskussion von Ericksons Arbeit ist dieser Punkt wichtig, den erkenntnisreichen praktischen Lesegewinn schmälert es kaum.

Insgesamt bleibt mir ´Der Februarmann´ als vorsichtig empfehlenswertes Buch in Erinnerung, das viele Strategien für Trancearbeit, Verwirrungstechniken, Altersregression und vor allem beispielhaft eine sehr subtile Mehr-Ebenen-Kommunikation über einen längeren Zeitraum darstellt. Vorkenntnisse sind sehr empfehlenswert und das Lesevergnügen ist nicht immer gleich gut, der praktische Erkenntnisgewinn dafür hoch.

Rossi selbst hat übrigens auch nach Erickson lesenswerte Bücher herausgegeben, seine ´20 Minuten Pause´ kann ich – nicht nur Hypnoseinteressierten – sehr empfehlen.